Sonntag, 7. April 2013

Was man braucht - am Beispiel eines Kirschentkerners

In unserer kleinen Abstellkammer im Keller bin ich beim WIMsen kürzlich über einige Dinge gestolpert, die ich einst meinte, brauchen zu müssen. Und siehe da: Ich meine immer noch, sie brauchen zu müssen, obwohl ich große Zweifel habe. Daher möchte ich gern mal über den Begriff des "Brauchens" sinnieren.

Stellt euch vor, ihr habt zu eurer Hochzeit einen Kirschentkerner geschenkt bekommen. Zu damaligen Zeiten war das ein gängiger Artikel im Haushalt. Er wurde jeden Sommer verwendet, zumindest in der Küche eurer Mutter, und ihr wolltet ihr haushaltstechnisch ganz gern nacheifern. Es stellte sich heraus, dass ihr den Kirschentkerner eher selten benutzt. Explizit war es so, dass eure Mutter nach 2 Jahren Ehe mal mit einem großen Korb Kirschen auftauchte. Ihr hattet einen schönen Nachmittag mit ein paar Gläsern eingekochter Kirschen, einem leckeren Kirschkuchen und eurer Mutter. Das wars dann für den Entkerner. Braucht man ihn dann? Gut, es könnte sein, dass ihr irgendwann mal auf die Idee kommt, frische Kirschen zu kaufen und einen Kuchen zu backen. Dann könnte man den Entkerner mal wieder vorholen. Die Wahrscheinlichkeit ist zwar gering, aber sie ist da.

Ihr kennt sicher den Spruch "Zeit ist Geld"? Man könnte den auch umschreiben in "Platz ist Geld". Es gibt sogar Firmen, die Lagerraum vermieten. Man kann dort z.B. Möbel und Hausrat einlagern, wenn man länger ins Ausland geht oder wenn man die Erbstücke von der Oma noch nicht hergeben will. Aber eure Wohnung, euer Haus ist kein Lagerraum. Ihr braucht euren Platz zum Leben, Atmen, Bewegen, Arbeiten, Glücklichsein. Zugestellte Räume, Regale, Schränke, Ecken und Plätze hindern euch daran, BEhindern euch, erschweren euch dies. "Platz ist Geld" ist wahrscheinlich der falsche Ausdruck. "Platz ist Glück" trifft es eher.

Nun ist so ein Kirschentkerner ja nicht irre groß und nimmt nicht so viel Platz weg. Könnte sein, dass euch seine Anwesenheit nicht wesentlich unglücklicher macht. Aber hier geht es eben ums Prinzip und um viele solche Arten von "Kirschentkernern". Ihr wisst wie ich das meine. Die nehmen zusammen viel Platz weg und machen euch damit dann doch um einiges unglücklicher.
Was wäre denn, wenn der Entkerner weg wäre und ihr bräuchtet ihn plötzlich doch? Könntet ihr einen bei der Nachbarin leihen? Gibt es einen bei e..y oder a..n? Könntet ihr die Kirschen für den Kuchen auch mit der Hand entkernen? Ja? Wirklich? Na dann...
Und jetzt kommt es ganz hart: Ihr habt den Kirschentkerner von eurer Mutter geerbt und die hatte ihn schon von ihrer Mutter usw. Euer Herz hängt da dran. Ist das wirklich wahr? Wann habt ihr das letzte Mal an den Entkerner gedacht? Erst jetzt, als ihr ihn wegwerfen solltet? Ach so. Und wie wäre es, wenn ihr ein Foto von dem Kirschentkerner macht, vielleicht sogar mehrere, und diese Fotos in euer Familienalbum klebt? Wäre das Würdigung genug? ;-)

Einen schönen Sonntag wünscht
Bille

PS: Die Geschichte mit dem Kirschentkerner ist frei erfunden. Ich habe meinen schon vor 20 Jahren meiner Mutter geschenkt, die hatte nämlich keinen. Und sie entkernt tatsächlich jedes Jahr Kirschen damit.

3 Kommentare:

  1. Du sprichst mir mal wieder sehr aus der Seele. Und was mir besonders gut gefällt, ist der Satz "Platz ist Glück". Genau das empfinde ich nämlich immer mehr. Je älter ich werde (*hust*) desto mehr geht mir herumstehender und -liegender Klüngel auf die Nerven. Ich finde es total schlimm, wenn alles so vollgestellt ist und das Auge sich nirgends erholen kann. Freie Flächen sind etwas wunderbares.

    Ich habe ein Smash, in das ich so Sachen reinklebe, die ich irgendwo in Zeitungen oder so mal sehe, und die mir gut gefallen. Und da klebt gleich ganz vorne der Satz aus irgendeiner englischen Werbeanzeige, der lautet "Isn't space the ultimate luxury?" Das trifft es für mich irgendwie total.

    Den Entkerner finde ich übrigens ein Paradebeispiel. Gerade im Haushalts-/Küchenbereich hat man so schrecklich viel Zeugs, das man tatsächlich nur ein- oder zweimal im Jahr braucht. Aber dann braucht man es eben WIRKLICH. Und den Rest der Zeit verstopft es den Keller. Ein schwieriges Thema.

    P.S. Ich hatte ja schon viel unnützes Zeug - aber ein Kirschentkerner war nie dabei!

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  2. Ich bin mittlerweile auch dazu übergegangen, alles zu fotografieren und zu entsorgen.
    Wozu scrappe ich schließlich... LOLLL
    Magst Du die Highlights?
    Mein Kinderdirndl, das so lang im Karton auf dem Dachboden sr´tand, dass ich es ein Jahr zu spät rausgeholt habe, als dass meine Tochter es noch tragen könnte,
    Das wunderhübsche Wollkleid, das meine Mama für mich handgesmogt hatte, als ich 5 war, aber nie fertig gemacht hatte. Sollte auch mal für meine Tochter fertig werden... Mittlerweole hat es Mottenlöcher.
    Und jetzt das Beste: Beinkleider (ja, die zum um-die-Taille-binden und ohne Schrittnaht) von meiner x-mal Urome, die meine Mama als modegeschichtliche Meilensteile aufgehoben hatte...
    Wen wundert´s, dass ich seit einem halben Jahr konsequent wieder einen 10 Kubik Container vor dem Haus habe.....

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    1. Hihi...
      Und bezahlst du für den Container keine Standgebühr?

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